Einkommensschwache Haushalte leiden überproportional stark unter der rasanten Teuerung, was in vielen Fällen zu existenzbedrohenden Krisen führt.

Nachgefragt: Inflation verschärft Armut

Die Inflation gewinnt an Fahrt – die Preise steigen. Wir alle spüren die Auswirkungen der rasanten Teuerung im Alltag. Aber womit hängt sie eigentlich zusammen und was lässt sich tun, um die Inflation abzubremsen?

Interview: Diakonie/Cathleen Heine | 05.07.2022

Welche Auswirkungen hat sie auf uns alle und wie stark trifft sie bereits jetzt Geringverdienende? Diese Fragen beantwortet Michael David, der sich in der Diakonie mit Sozialpolitik gegen Ausgrenzung und Armut beschäftigt. Er gibt außerdem einen Einblick in die Unterstützungsmöglichkeiten der Diakonie, wenn die Inflation die Armut verschärft.

Womit hängt die steigende Inflationsrate zusammen und wie lässt sie sich sozial bewältigen?

Michael David: Die Inflation hat zwei wesentliche Ursachen. Zum einen ist die Corona-Krise mit starken ökonomischen Belastungen einhergegangen. Zum zweiten ist mit dem Ukraine-Krieg auch die Energiesicherheit beeinträchtigt. Das betrifft sowohl den Strom- als auch den Gasmarkt. Auch die Lebensmittelpreise sind in Erwartung von Knappheit z.B. bei Getreide und Speiseöl gestiegen.

Inflationsbezogene Hilfen müssen so ausgerichtet sein, dass sie Menschen besonders helfen, die unerwartete Belastungen selbst nicht ausgleichen können.

Michael David

Welche Auswirkungen hat die Inflation auf ohnehin von Armut betroffene Menschen, aber auch auf andere Verdienstgruppen?

David: Von der Inflation besonders betroffen sind in Armut oder mit geringem Einkommen lebende Menschen deswegen, weil sie ihr Einkommen fast ausschließlich für Waren des täglichen Bedarfs ausgeben. Genau in diesem Bereich sind die Kosten überproportional gestiegen.

Dazu kommt, dass existenzsichernde Leistungen knapp bemessen sind. So lassen die Regelsätze in der Grundsicherung keine Rücklagen für Notfälle oder den Ausgleich unerwarteter Zusatzkosten zu. Aber auch die Haushalte, die etwas oberhalb der Leistungsberechtigung leben, können mit Wohngeld oder Kinderzuschlag keine unerwarteten Zusatzbelastungen ausgleichen.

In einer besonders schwierigen Lage sind die sogenannten „verdeckt Armen“, die einen Sozialleistungsanspruch hätten, diesen bisher aber nicht geltend gemacht haben. Anders sieht es bei Haushalten mit hohen Einkommen aus, die oft über einen Notgroschen verfügen. Darum ist es unbedingt notwendig, bei der Ausgestaltung von Inflationshilfen darauf zu achten, dass sie insbesondere Menschen in Armut oder mit geringem Einkommen zugutekommen.

Wie unterstützt die Diakonie in Zeiten starker Inflation die Menschen, die sich durch gestiegene Preise weniger leisten können?

David: Die Diakonie unterstützt Menschen, die bisher keine Leistungsansprüche geltend gemacht haben, durch ihre Sozialberatungsangebote bei der Antragstellung. Sozialkaufhäuser und Tafeln bieten vor Ort Nothilfen an, wenn ansonsten nicht das Nötigste gewährleistet ist. Politisch setzt sich die Diakonie für einen Krisenzuschlag für die ärmsten Haushalte ein, mit dem diese für 6 Monate 100 Euro unkompliziert und direkt erhalten sollen.

Interview: Diakonie/Cathleen Heine

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